11. Dezember 2024
Münchener aufgehellt Gelb

Wolfgang Lorenz vom Verein Oelsnitz

Wir trauern um unseren langjährigen, immer einsatzbereiten und erfolgreichen Zuchtfreund Wolfgang Lorenz vom Verein Oelsnitz, der am 08.05.2023 im Alter von 83 Jahren verstarb.

Zur Erinnerung noch einmal sein Züchterportrait.

Wolfgang Lorenz 1
Wolfgang Lorenz bei der Ausstellungsvorbereitung

Züchterporträt

Veröffentlicht im „Der Vogelfreund“ 2015


Wolfang Lorenz


geb. 17.12.1939
gest. 08.05.2023

Ich denke der Name Wolfgang Lorenz ist unter den Positurkanarienzüchter in Deutschland weitestgehend bekannt. Seit über 15 Jahre gibt es vermutlich keinen Katalog von der Deutschen Meisterschaft oder der AZ-Bundeschau in welchem er nicht in den Siegerlisten auftaucht.

Wolfgang ist erst seit 1998 Mitglied im DKB, also mehr oder weniger zum Zeitpunkt seines Überganges in den „beruflichen Ruhestand“. Wenn andere aufhören hat Wolfgang erst richtig angefangen. Zuvor hatte er schon züchterische Erfahrungen mit Rassegeflügel zum Beispiel Antwerpener Bartzwergen und diversen australischen Sittichen und Prachtfinken gesammelt. Es war also kein Kaltstart in die Kanarienzucht, aber für eine gezielte Ausstellungszucht fehlte dem gelernten Metzger ganz einfach die Zeit, so lange er noch berufstätig war. Das hat sich allerdings grundlegend geändert.

Seine Lieblingsrassen seit ca. 2000 sind die Münchner und Südholländer. Dier ersten Vögel erwarb er bei so namhaften Züchtern wie Alfred Schilder und Dieter Amthauer. Später kamen noch die Mehringer hinzu. Auch mit der Rasse Gloster beschäftigt sich Wolfgang seit vielen Jahren, allerdings in einem relativ kleinen Umfang. Hier stammen seine Ausgangsvögel aus den Zuchten der Züchterfreunde Wedig und Lichtendonk.

Wolfgang Lorenz 2
Gloster Fancy
Wolfgang Lorenz 3
Südholländer (Frisé du Sud)

Mit der Zucht beginnt Wolfgang Mitte März am St. Josephstag nach alter Kanarienzüchtertradition. Er züchtet in 40 Zuchtboxen paarweise, also ungefähr 10 Paare je Rasse. Ausführlich hat Wolfgang mir über seine Fütterungs- und Zuchtmethoden berichtet. Beim Körnerfutter mischt er jeweils 2 Sack ohne Rübsen mit einem Sack Kanarienmischung mit Rübsen. Als Eifutter bevorzugt er eine trockene Fertigmischung, in den letzten Jahren die Sorte Elevage von Pineta mit einem relativ hohen Proteingehalt von 20 %. Diese nutzt er als Basis für seine Aufzuchtmischung. Es werden Möhren und Zwiebeln geraspelt und beigemischt. Dazu kommt Bierhefe und Knoblauchpulver. Mit Mohn und Gold of pleasure (Leindottersamen) regt er den Fütterungstrieb der Altvögel nochmal zusätzlich an. Im Wechsel setzt er dann noch Honig und Traubenzucker zu. Auch das führt dazu, dass die Vögel die Mischung gerne aufnehmen und an die Jungen verfüttern. Als Abschluss gibt er noch etwas Quiko Med vorbeugend gegen Kokzidien zu und hat damit gute Erfahrungen gesammelt. Natürlich arbeitet Wolfgang auch ganzjährig mit Grünfutter. Hier hauptsächlich Brokkoli und Eisbergsalat. Diverse Kalkpräparate und Muschelkalk Grit stehen ständig den Vögeln zur freien Aufnahme zur Verfügung.

Seine 4 Rassen hält er stets, vor allem aber auch während der Mauser getrennt. Jede Rasse hat Ihre unterschiedlichen Eigenschaften und Mentalitäten. Deshalb ist es wirklich sinnvoll die Trennung beizubehalten, um Benachteiligungen einzelner Vögel möglichst zu vermeiden. Bei Mehringer kann man nach Wolfgangs Erfahrung nur sehr schlecht und spät erkennen, wenn diese kränkeln bzw. sich nicht wohl fühlen. Liegt vermutlich am natürlichen Federvolumen.

Wolfgang Lorenz 4
Mehringer
Wolfgang Lorenz
Münchener

Nach erfolgreicher Zucht und Mauser beginnt auch bald die Ausstellungszeit. Wolfgang ist als Austeller sehr aktiv. In allen 3 großen deutschen Vogelzüchter Verbänden beschickt er sowohl die Landeschau als auch die Bundesschauen. Hinzu kommen jedes Jahr die offene Erzgebirgsschau und die eine oder andere offene Regionalschau. Wolfgang ist Mitglied im 1. Stollberger Vogelzüchterverein (heute Verein Oelsnitz) und im BWE – Vogelzüchterbund Westerzgebirge. Der BWE versucht seit vielen Jahren erfolgreich, alle aktiven Vogelzüchter der Region unabhängig in welchem Verband sie sich beheimatet fühlen zu verbinden. Aktivitäten wie Stammtische, Vogelbesprechungen Durchführung von Schauen und nicht zu vergessen die Organisation von Sammeltransporten und Ausflügen vereint viele Züchter der Region. Das Motto ist „Gemeinsam sind wir stark“. Wolfgang hat hier auch seine züchterische Familie und Freunde gefunden. Jedes Jahr ist er als aktiver Helfer und Zuträger, immer gemeinsam mit seiner lieben Frau Gisela dabei.

Ich glaube es ist ein ganz entscheidender Punkt in unserem Hobby, dass der Spaß an der Sache nicht verloren gehen darf. Viele Züchter haben zwar noch Spaß an Ihren Zuchten, dass Vereinsleben ist jedoch oft frustrierend oder langweilig. Keiner kommt in eine Vereinsversammlung um sich ärgern oder langweilen zu wollen.

Wir hatten das Glück das mich Wolfgang gemeinsam mit meinem Scholar Rico Müller im Rahmen dessen Ausbildung zu sich einlud. Es war gerade die Zeit seiner Schauvorbereitung. Wolfgang nimmt sich für das Schautraining seiner Vögel mindestens 6 Wochen Zeit. Dafür hat er in seinem Haus sogar einen extra Raum vorgesehen, in welchen er nach und nach die Vögel holt und einbauert. Wir waren wirklich beeindruckt eine Galerie von Schauvögel zu sehen welcher einer Reihe von Südholländer, Mehringer und Münchner auf der Deutschen Meisterschaft kaum nachsteht. Ausführlich konnten wir die Vögel besprechen und bewerten. Man sieht sofort dass die beeindruckenden Ausstellungserfolge Wolfgangs keinesfalls Zufall sind. Gerade die Positur- und speziell Haltungsvögel danken es dem Züchter, wenn er wie Wolfgang sehr viel Zeit mit Ihnen verbringt, durch exzellente Showqualitäten.

Eigentlich hat Wolfgang ja schon alles gewonnen was man gewinnen kann in Deutschland. Sein Trophäenzimmer ist entsprechend beeindruckend. Sehr liebevoll hat er auch dafür ein ganzes Zimmer in seinem Haus in Schneeberg/Erzgebirge reserviert. Aber einen großen Traum hat er auf jeden Fall noch. Und zwar seine Vögel auch auf der Weltmeisterschaft zu präsentieren. Leider ist hierfür der Aufwand, vor allem für die Ein- und Auslieferung doch relativ hoch. Da es außer ihm keine weiteren Züchter in der Region gibt, die den Schritt zur Weltmeisterschaft wagen würden, gibt es natürlich auch keine Sammeltransporte zu den Sammelstellen. Wolfgang ist zwar noch gesund und fit, aber auch vor kurzem 75 Jahre alt geworden. Da fährt man nur ungern noch die ganz weiten Strecken, was wohl die Meisten gut verstehen können.

Wolfgang Lorenz ist für mich ein Paradebeispiel dafür, dass man auch und gerade als Ruheständler in unserem Hobby noch richtig durchstarten kann. Dann hat man die Zeit und Muße seine Zucht mit Perfektion zu betreiben. Wichtig ist natürlich auch dass man in seinem Verein eine züchterische Heimat und entsprechende Unterstützung findet. Optimal ist es wenn auch noch wie bei Wolfgang die Familie mitzieht.

Ich möchte mich auf diesem Weg nochmal ganz herzlich bei Wolfgang und Gisela für Ihre Gastfreundschaft bedanken. Ich hoffe, dass wir Sie und Ihre exzellenten Vögel noch viele Jahre auf unseren Ausstellungen sehen.

Sven Pukat